Grünlandbewirtschaftung auf dem HOFGUT RUDLOS

Als Grünland bezeichnen wir grundsätzlich alles, worauf Gras wächst*.

 

Grünland bereichert die Kulturlandschaft und liefert Futter für verschiedene Nutztiere (und Wildtiere), allen voran Rinder, Schafe, Pferde und Ziegen, aber auch Schweine und Geflügel freuen sich, wenn sie sich auf der Weide tummeln dürfen.

 

Während der Frühlings- und Sommermonate wächst das Gras zumeist durchgehend und jeder, der einen Rasen pflegt, weiß auch, dass es nach dem Mähen wieder nachwächst, umso mehr, wenn es warm ist und viel regnet. Im Herbst verlangsamt sich das Wachstum und im Winter kommt es zum Erliegen.

 

Den Aufwuchs kann man seinen Tiere zum Abfressen überlassen, das bezeichnet man als Weide. Wird der Aufwuchs gemäht und geerntet, ist es eine Wiese. Erfolgt beides im Wechsel, spricht man von einer Mähweide.

Das Beweiden oder Mähen lohnt sich erst ab einer gewissen Aufwuchshöhe, darf andererseits aber auch nicht zu spät erfolgen. Überständiges Gras, also (zu) spät geerntetes Gras, verliert an Energie und Nährstoffen und die Tiere fressen es nicht gerne.

 

Ist eine Wiese gemäht und abgeerntet oder eine Weide abgefressen, muss die Fläche erst einmal in Ruhe gelassen werden, damit das Gras wieder nachwachsen kann. Die Tiere werden dann auf eine frische Weide geführt. Um dem Gras wieder "auf die Beine" zu helfen, kann gedüngt werden, auch kann man Grassamen nachsäen, wenn die Gräserzusammensetzung verbessert werden soll.

 

Nach einigen Wochen ist genügend Gras nachgewachsen und das Spiel von Weide bzw. Mahd beginnt von vorn. Im Vogelsberg sind das oft nur drei Nutzungen, also Aufwüchse, im Jahr, in fruchtbareren Gegenden auch mal fünf oder sechs.

 

 

Schafe auf Weide
Erkunden einer neuer Weide mit Elan

 

Da wir Menschen kein Gras verdauen können, können wir Gras für unsere Nahrung nur indirekt nutzen: Indem wir Tiere, die sich von Gras ernähren, melken oder schlachten.

 

Im Sommer sind unsere Schafe, Rinder, Hühner und Gänse auf der Weide und bedienen sich selbst. Das ist das Natürlichste und spart uns Arbeit: wir müssen nur darauf achten, dass sie nicht ausbüchsen (Zäune in Ordnung halten). Wenn immer genug zu fressen da ist, Wasser und Platz für jedes Tier, wollen sie auch gar nicht das Weite suchen (außer vielleicht das ein oder andere unternehmungslustige Huhn. Aber auch das kommt abends zurück zum Stall).

 

Im Winter wächst kein Gras und die Tiere kommen in den Stall.

Für die Winterfütterung mähen, ernten und bergen wir entsprechende Mengen Futter, konservieren und lagern es.

 

Hierfür nutzt man einerseits die Trocknungskraft der Sonne, es entsteht Heu. Eine andere Möglichkeit, wenn die Sonne nicht genug scheint, ist die Silage, bei der das angewelkte, noch feuchte abgemähte Gras technisch verdichtet wird und luftdicht verpackt wird. Unter Luftabschluss bilden sich Milchsäurebakterien, die, ähnlich wie beim Sauerkraut, Milchsäure produzieren, die wiederum andere Mikroorganismen wie Fäulnisbakterien etc. abtötet und somit das Futter konserviert. So kommen unsere Rinder und Schafe über den Winter.

 

Die Ausscheidungen der Tiere werden, in Form von Mist, Jauche oder Gülle, gesammelt und mit Einsatz von Technik bei Zeiten wieder auf die Flächen verbracht. Das macht ein Bio-Betrieb auch nicht anders.

Heu-Ernte anno dunnemals (Rudlos, ca. 1950)
Heu-Ernte anno dunnemals (Rudlos, ca. 1950)

Bei der Bewirtschaftung unserer Wiesen und Weiden haben wir uns großenteils verpflichtet, keinen Dünger und keinen Pflanzenschutz anzuwenden. Diese Extensivierung wird vom Land Hessen und der EU gefördert.

 

Gleichzeitig muss aber darauf geachtet werden, dass die Böden nicht "aushungern". Das heißt, dadurch dass ja jährlich Erntegut abgefressen und abgefahren wird, werden dem Boden Nährstoffe entzogen.

 

Hierzu ein kleiner Exkurs in die Biologie:

In einem engen und somit natürlichen Kreislauf scheiden grasfressende Tiere während des Fressens Verdautes wieder aus. Darin enthalten sind genau die Nährstoffe, die das Tier zuvor von ebenjener Weide aufgenommen hat und der Boden, genauer die darauf wachsenden Pflanzen, können diese Ausscheidungen wieder verwerten. Verendet ein Tier und/oder wird gefressen, so scheiden wiederum diese Fleisch- und Aasfresser die entsprechenden Nährstoffe aus, die in dem gefressenen Tier gesammelt waren.

 

So versorgt die Natur sich selbst:

Jedes Tier frisst, um Energie und Nährstoffe aufzunehmen. Während des Wachstums behält das Tier stets einen Teil der Nährstoffe ein, um seinen Körper damit wachsen zu lassen. Ein Tier ist somit auch immer ein Depot an Nährstoffen. Ist es ausgewachsen, scheidet es ständig in etwa das an Nährstoffen wieder aus, was es auch zu sich nimmt.

Stirbt das Tier, wird es gefressen. Wenn nicht von anderen Tieren, so doch von Microorganismen. Und diese scheiden wiederum Nährstoffe aus, die wiederum den Pflanzen zur Verfügung stehen, die von Pflanzenfressern gefressen werden, die von Fleischfressern gefressen werden, die von Microorganismen verzehrt werden und so weiter.

 

Für die Landwirtschaft heißt das, um den Kreislauf geschlossen zu halten, müssten alle Nährstoffe, die entnommen werden, wieder auf die Flächen zurück gebracht werden, am Besten in Form von Ausscheidungen (Mist, Gülle: sogenannter Wirtschaftsdünger).

 

Mistausbringen während der Fahrt mit der Mitgabel.  Rudlos, ca. 1950
Mistausbringen während der Fahrt mit der Mitgabel. Rudlos, ca. 1950

Das funktioniert in einer modernen Gesellschaft mit globalem Nahrungs- und Futtermittelhandel nicht so recht. Denn immer, wenn wir Menschen etwas essen, nehmen wir mit der Nahrung ja auch Nährstoffe auf, die wir großenteils wieder ausscheiden. Und die eigentlich zurück auf Wiesen und Felder müssten.

Das ist allerdings in Anbetracht dessen, was sonst noch so alles  runtergespült wird, nicht sehr appetitlich.

 

Nochmal:

Die modernen Menschen entziehen durch ihre Lebensweise der Natur Nährstoffe, die sie ihr nicht so zurückgeben, wie es eigentlich vorgesehen ist. Und das unabhängig von der Art der Ernährung, ob mit oder ohne Fleisch, vegan, oder wie auch immer.

Der Klärschlamm (das, was von den menschlichen Ausscheidungen in der Kläranlage landet) wird nur in Ausnahmefällen wieder auf Felder und Wiesen verbracht, weil er oftmals mit Medikamentenrückständen und Sonstigem kontaminiert ist.

 

Um diesem Nährstoffentzug zu entgegenen, greift der koventionell wirtschaftende Landwirt auf Kunstdünger zurück: Nährstoffe, die auf chemischen Wege oder durch Abbau natürlicher Vorkommen gewonnen werden und in Form von Granulaten oder flüssigen Lösungen seitens der Industrie bereit gestellt werden.


Die wichtigsten Nährstoffe, auch Macro-Nährstoffe genannt, sind (in der Bedeutung absteigend) Stickstoff, Kalium, Phosphor, Schwefel und Magnesium. Daneben gibt es Micro-Nährstoffe, auch Spurenelemente genannt, die auch sehr wichtig sind, aber in bedeutend geringeren Konzentrationen benötigt werden. Hierzu gehören z.B. Bor, Mangan, Molybdän und Kupfer. Wichtig ist hierbei auch, dass die Nährstoffe in bestimmter chemisch/physikalischer Form vorliegen, ansonsten können die Pflanzen sie nicht verwerten.

So besteht z.B. unsere Atmosphäre zu etwa vier Fünfteln aus Stickstoff, die meisten Pflanzen können mit dem gasförmigen Stickstoff allerdings nichts anfangen.

 

Bei extensiver Bewirtschaftung, wie bei unserem Grünland und wie es auch bei biologischer Bewirtschaftung erfolgt, entsteht tendenziell das Problem, dass dem Boden über natürliche Düngerformen nicht genügend Nährstoffe nachgeliefert werden können, die Erträge also im Vergleich zu konventioneller Bewirtschaftung geringer ausfallen und die Böden verarmen. Für dieses Problem gibt es verschiedenene Lösungsansätze, aber bislang keine langfristige wirklich nachhaltige Lösung.

 

In Sachen Stickstoff kann man dem bis zu einem gewissen Grad durch Leguminosen-Anbau entgegenen: Leguminosen wie Bohnen, Erbsen, Klee oder Luzerne sind in der Lage, mit Hilfe von sogenannten Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft für sich und andere Pflanzen verfügbar zu machen. Auf Grünland kommt dabei vor allem den Kleearten eine besondere Bedeutung zu.

Durch kalken können bestimmte im Boden vorhandene Nährstoffe mobilisiert werden, die zuvor nicht für die Pflanze verfügbar waren, allerdings nur so lange, wie diese Nährstoffe auch vorhanden sind.

 

*) Oftmals wird auch Ackerland mit Gras eingesät, z.B. wenn ein Betrieb nicht genügend Futterflächen für sein Vieh hat oder aber wenn der Boden zu steinig ist, eine schlechte Fruchtbarkeit aufweist oder Ähnliches. Das nennt man dann Ackergras oder, je nach dem, Ackerkleegras. Dies ist ein formeller Unterschied, denn die Umwandlung von Grünland in Ackerland ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Andersrum jederzeit möglich. Mit Gras eingesätes Ackerland will der Landwirt deshalb gerne im formellen Status Ackerland belassen, damit es jederzeit wieder in echtes Ackerland zurückverwandelt werden kann.